Holacracy als agiler Organisationsansatz aus HR-Perspektive ‒ Darstellung am Beispiel der Liip

Einen interessanten Ansatz, in welche Richtung die Entwicklung der Organisation gehen könnte, liefert der Beitrag von Nadja Perroulaz und Philipp Egli Jung. Sie erläutern warum und wie das Holacracy-Konzept bei Liip entwickelt und implementiert wurde und gehen intensiv darauf ein, was die wesentlichen Erfolgsfaktoren der Umsetzung sind.

Der Selbstorganisationsansatz Holacracy bietet eine Lösung für die durch digitale Technologie erforderte Flexibilität ‒ in Form einer Organisationsstruktur, die ohne Führungspersonen auskommt. Bei dem Schweizer Unternehmen Liip, hat das Management 2013 einen Großteil der Verantwortung den Teams übertragen, damit sie selbst über Strategie, Kundenakquise, eingesetzte Technologien und die Anstellung neuer Mitarbeitenden entscheiden können. Dies soll allgemein für glückliche Kunden, glückliche Mitarbeiter und finanzielle Gesundheit sorgen.

Holacracy bietet keine Regeln, die defi nieren, wie ein bestimmtes organisatorisches Problem gelöst werden kann, sondern lediglich Strukturelemente, mit deren Hilfe eine Organisation abgebildet werden kann. Zum Informationsaustausch und zur Planung von Projekten und Aktionen nutzen die Mitarbeiter das Tactical-Meeting oder tauschen sich direkt mit anderen Rollen aus. Somit schreibt Holacracy nicht vor, wie bestimmte Probleme gelöst werden sollen, sondern bietet mit Governance-Meetings lediglich ein Umfeld, in dem Mitarbeiter in einem strukturierten Prozess an der Firma arbeiten und gemeinsam Lösungen für die gestellten Aufgaben entwickeln können.

Natürlich bringt eine solche Veränderung auch Herausforderungen mit sich. Während früher der Chef Schuld war, wenn etwas nicht geklappt hat, steht man nun selbst in der Verantwortung. Während man sich früher der Meinung von Kolleginnen und Kollegen mit Vorbildfunktion anschließen konnte, muss man sich heute selbst Gedanken machen. Die Definition der Rollen bleibt immer veränderbar und die Aufsplittung von Autorität fördert die Gewaltentrennung. Zusätzlich wird die gesamte vorhandene Autorität für alle in der Firma sichtbar dokumentiert und die Zuteilung von Personen zu Rollen ist viel flexibler als im hierarchischen System.

Insgesamt ermöglicht Holacracy also einen neuen, transparenten und dynamischen Umgang mit Autorität. Durch diese dynamische Struktur kann ein alternatives, dynamisches (oder agiles) Karrieremodell aufgebaut werden. Hierbei besteht nicht nur die Möglichkeit, mehrere Rollen anzunehmen, sondern auch ein Weiterbildungsbudget für jeden Mitarbeiter. Die Aufgabe von HR ist in diesem Kontext eine interne Berufsberatung oder ein Coaching, das den Mitarbeitenden hilft, ihre Optionen zu kennen und diese wahrzunehmen. Komplexer wird allerdings das Lohnsystem, da die Aufteilung der Rollen viel feiner ist und sich nicht an bekannten Funktionen wie CEO, Key-Account-Manager oder Head of Marketing orientieren.

Alles in allem bietet Holacracy mit einem kleinen Set an Gestaltungsmitteln eine Methode, die Struktur von Unternehmen abzubilden, die sich im digitalen Umfeld im ständigen Wandel befinden.

Nadja Perroulaz gründete gemeinsam mit befreundeten Ingenieuren in Fribourg das Unternehmen Mediagonal, das 2007 mit Bitflux aus Zürich zur Firma Liip fusionierte. Nadja Perroulaz prägte die Werte des Unternehmens Liip in ihrer Rolle als Verwaltungsrätin und Lead HR maßgeblich mit.

Philipp Egli Jung spezialisierte sich als Quereinsteiger in die Informatikbranche auf Marketing und Kommunikation im IT-B2B-Bereich. Seit 2011 ist er bei Liip Lead Marketing und Kommunikation.

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