Digital HR: Fortschritt in Tippelschritten

Aufgrund des Zuspruchs zu unserer Digital HR-Studie im Jahr 2022 und weil wir den Prozess der Digitalisierung von HR gerne weiterhin mit empirischen Daten begleiten möchten, haben wir im Jahr 2024 eine 2. Auflage der „Benchmarking-Studie zum Digitalisierungsgrad von HR“ durchgeführt. Der für die 1. Studienauflage von Prof. Dr. Torsten Biemann (Universität Mannheim) und mir konzipierte und eng mit Reiner Straub und Matthias Haller (Personalmagazin) abgestimmte Fragebogen, wurde – zwecks Vergleichbarkeit – für die aktuelle Erhebung in weiten Teilen übernommen. Besondere Schwerpunkte wurden diesmal auf das aktuelle Megathema Künstlicher Intelligenz (KI) und die schon relativ stark digitalisierte Recruiting-Funktion gelegt.

Das Ziel der Studienreihe ist es, zu identifizieren,

  • welche Relevanz die Digitalisierung für HR hat,
  • inwieweit Unternehmen eine HR-Digitalisierungsstrategie besitzen bzw. entwickeln,
  • was die Ziele der Digitalisierung von HR sind,
  • wie tief die Digitalisierung in HR geht,
  • in welchem Umfang HR insgesamt und einzelne HR-Funktion aktuell digitalisiert sind,
  • inwieweit die nötigen Rahmenbedingungen für eine erfolgreiche HR-Digitalisierung gegeben sind und wo entsprechende Baustellen existieren,
  • welche Barrieren die HR-Digitalisierung erschweren,
  • welche Technologien derzeit wie stark genutzt werden und
  • in welchem Ausmaß HR-Ziele durch die Digitalisierung erreicht werden konnten.

Die Studie basiert auf einem Online-Survey über ein Befragungstool der Universität Mannheim im Zeitraum März bis Mai 2024. Zur Teilnahme aufgerufen wurde primär über die verschiedenen Kommunikationskanäle des Personalmagazins. Teilgenommen haben diesmal 145 Unternehmensvertreter, dies sind deutlich weniger als in der ersten Auflage, als noch 345 Personen den Fragebogen ausgefüllt hat. Dieser Rückgang deckt sich mit den Erfahrungen in anderen empirischen Studien. Aufgrund der vielen und immer weiter zunehmenden Studienaufrufe scheint sich eine gewisse Studienmüdigkeit eingestellt zu haben. Zum anderen dürfte ein Grund darin liegen, dass im Gegensatz zu 2022 diesmal keine Direktansprache mit einer persönlichen E-Mail und einem individuellen Link stattfand

In der Gesamtsicht lassen sich die folgenden Kernbefunde herausstellen:

  • Die große Relevanz der Digitalisierung von HR steht außer Frage − in den letzten 2 Jahren ist dies auch bei den allermeisten kleinen Unternehmen angekommen.
  • Für die Studienteilnehmer ist die Nutzung digitaler Technologien ein wichtiger Hebel, um die HR-Ziele im eigenen Unternehmen besser zu erreichen. Durch eine zunehmende Digitalisierung wollen die Unternehmen sowohl die Effizienz der HR-Prozesse erhöhen und damit Kosten sparen, als auch bessere und neue HR-Services bieten.
  • Aber nur etwas mehr als die Hälfte stimmt der Aussage tendenziell zu, dass die eigenen HR-Ziele durch die bisherigen Digitalisierungsaktivitäten auch tatsächlich besser erreicht wurden. Vor diesem Hintergrund erklärt sich auch, dass nur 32% mit der bisherigen Digitalisierung von HR im eigenen Unternehmen (eher) zufrieden sind. Das Optimierungspotenzial wird als deutlich größer wahrgenommen.
  • Passend dazu zeigen die Aussagen der Studienteilnehmer zwar in Teilbereichen kleinere Fortschritte gegenüber 2022, aber der Digitalisierungsgrad der HR-Funktion insgesamt bleibt nahezu unverändert und wird als „mittelmäßig“ bewertet.
  • Ein Grund für die Unzufriedenheit mit dem bisher Erreichten und die nur kleinen Fortschritte dürfte darin liegen, dass es auch 2024 noch häufiger an einer definierten HR-Digitalstrategie fehlt. Erfreulicherweise haben aber zumindest Unternehmen mit einer HR-Digitalstrategie auch mehrheitlich eine entsprechende Road-Map zur Umsetzung definiert.
  • Auch 2024 wird Digitalisierung nach wie vor oft lediglich als Ansatz zur Optimierung der IST-Prozesse, -Produkte und -Leistungen genutzt – die tiefergehenden, transformativen Potenziale digitaler Technologien werden häufig (noch) nicht realisiert.
  • Die notwendigen Rahmenbedingungen für eine erfolgreiche HR-Digitalisierung sind nach wie vor häufig nicht ausreichend gegeben. Relativ am besten sieht es noch im Hinblick auf die Dateninfrastruktur und Datenverfügbarkeit aus. Hier zeigt sich auch eine erkennbare Verbesserung gegenüber 2022.
  • Vor dem Hintergrund häufig mangelnder personeller und zeitlicher Ressourcen ist die strategische Priorisierung der verschiedenen HR-Aktivitäten erfolgsentscheidend. Diese fehlt aber häufig, was z.T. daran liegt, dass kein klaren HR-Digitalisierungsziele definiert wurden. Im Gegensatz zur öffentlichen Diskussion spielen fehlenden finanzielle Mittel, ausgeprägte Datenschutzbedenken und ein bremsender Betriebsrat keine dominante Rolle. 
  • Bei den eingesetzten Technologien haben sich die digitale Personalakte, Cloud-Ansätze, Self Service-Apps sowie interne und externe Social Media Plattformen weitgehend als Standard in HR etabliert. Die Technologie mit dem stärksten Zuwachs in den letzten 2 Jahren ist Künstliche Intelligenz. Überraschend ist, dass trotz des aktuellen Hypes und der unbestreitbaren Relevanz deutlich weniger als die Hälfte der Unternehmen KI zumindest rudimentär in HR im Einsatz hat.
  • Zwischen den verschiedenen HR-Funktionen zeigen sich große Unterschiede im Digitalisierungsgrad. Lediglich die Personalverwaltungs- und Recruitingprozesse sind relativ weit digitalisiert. Ein „Deep Dive“ in konkrete Recruiting-Technologieansätze macht aber auch deutlich, dass die Videokommunikation mit Bewerbern die einzige „neuere“ Technologie ist, die bei den meisten Unternehmen zumindest rudimentär im Einsatz ist.

Die Studie ist hier abrufbar: www.haufe.de/Digitalisierungsstudie-HR

Die Studie bildet auch die Titelgeschichte in der Ausgabe 12/2024 der Zeitschrift Personalmagazin. Diese ist auch online zugänglich unter https://www.haufe.de/personal/hr-management/studie-zur-digitalisierung-von-hr_80_635684.html (allerdings ohne Grafiken).

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