Ansätze zum Lernen im Digitalen Zeitalter
Der Personal- und Führungskräfteentwicklungsexperte Thomas Jenewein stellt in seinem Artikel vor, warum und wie sich Lernen im Digitalzeitalter verändern muss bzw. wird. Er erläutert die Entwicklungen bzgl. Lerninhalten, Lernkultur und Lerntechnologie und stellt drei Beispiele digitalen Lernens bei SAP vor. Abschließend gibt Jenewein Empfehlungen für die Gestaltung von Lernen im Digitalzeitalter.
Digitalisierung ist einer der großen Veränderungstreiber, zumal eine erfolgreiche Umsetzung immer an Dimensionen wie Kultur, Geschäftsmodelle, Prozesse und Zusammenarbeit ansetzt.
Durch den starken schnellen Wandel, die Dynamik und Komplexität wird das lebenslange kontinuierliche Lernen immer wichtiger. Daher wurde der Begriff des »Knowledge Workers« auch schon in »Learning Worker« umgetauft. Dabei geht es um Umlernen, neues Lernen oder darum, sich zu neu genutzten Projekten, Prozessen, Geschäftsmodellen oder Technologien zu informieren.
Im Detail sieht das folgendermaßen aus: Inhalte werden vermehrt im Blended Learning-Konzept benutzt, wobei Lernmethoden je nach Zielgruppe, Ziel und Kontext gemischt werden. Der Trend geht zu kleineren Lerneinheiten, sogenanntes Microlearning, wobei vermehrt Videos genutzt werden. Der Fokus verschiebt sich vom Lehrenden zum Lerner, zu Experten, die Wissen und Erfahrungen teilen, sowie zum Lernen voneinander in Communities. Beispielsweise in Communities of Practice oder Social Software wie Twitter, mit denen man sich vernetzt und up to date hält, alleine oder gemeinsam reflektiert. Auch offene Formate der Vernetzung wie Barcamps oder Worldcafes, in denen gemeinsam reflektiert wird. Der Lernprozess wird agiler und bedarfsorientierter. Handlungsorientiertes Lernen (Experiential Learning) wird wichtiger, zum Beispiel in Form von Projekten oder Rotationen, insbesondere wenn es um Kompetenzentwicklung geht. Der Lernpfad wird weniger strikt aufgefasst, als in der Vergangenheit. Hier hilft Technologie aus dem Bereich der künstlichen Intelligenz mit Ansätzen des adaptiven Lernens. Dabei werden durch selbstlernende Systeme und Algorithmen je nach Nutzerdaten entsprechende Inhalte angeboten oder Lerner werden durch intelligente Tutoren unterstützt die auf Chatbots beruhen. Erfolgsmessung, die immer noch stark an das 4-Ebenen-Modell von Kirkpatrick angelehnt ist, mit dem Fokus auf Zufriedenheitsumfragen, wird sich mehr in Richtung Learning Analytics verschieben. Heute übliche Prüfungsabschlüsse in Form von Zertifikaten werden in Zukunft, aufgrund der stärkeren Modularisierung, durch kleinere Abschlüsse ersetzt werden. Nanodegrees, die kleine Abschlüsse auf MOOC Plattformen sind, oder Open Badges, die granulare Qualifikationen beschreiben, können Teil des Kompetenzportfolios oder der persönlichen Beschreibung im Social Network-Profil sein.
Bei der Entwicklung verschiedener Lerntechnologien ist es j nach Zielgruppe, Lernziel und Kontext sinnvoll, unterschiedliche Technologien einzusetzen. Das bedeutet beispielsweise, dass Kompetenzentwicklung weiter wichtig ist, jedoch kommt das Stärken von Netzwerken oder immersivem Lernen hinzu.
Lernen im digitalen Zeitalter ist mehr als klassisches E-Learning bzw. alte Ansätze mit Internetanschluss. Organisatorisch bedeutet es vermehrte agile und vernetzte Ansätze. In größeren Unternehmen bedeutet es, föderale Modelle einzusetzen. Dies sind oft Akademien, die nah an der Line of Business sind und Hilfe bzgl. Standardaufgaben von Shared Services bekommen.
Thomas Jenewein ist bei SAP Education zuständig für Business Development. Zuvor war er u. a. als Produktmanager für Lernsoftware tätig, Leiter des SAP-internen Learning Consultings und leitete strategische Weiterbildungsprogramme und Anwendungen neuer Lernansätze SAP intern.