Strategische Imperative für Digital Leadership

Vor dem Hintergrund der praxisorientierten Ausrichtung und weil es das Ziel war, auch den Lesern der 1. Auflage vieles Neues zu präsentieren, schließt die aktuelle, tiefgreifend überarbeitete 2. Auflage meines Digital Leadership-Buchs erstmalig mit einer Zusammenstellung von 50 strategischen Imperativen für eine adäquate Unternehmens- und Personalführung im digitalen Zeitalter. Die pointierte Sammlung von Digital Leadership-Tipps ‒ basierend auf den verschiedenen Beiträgen im Buch und den Erfahrungen der verschiedenen Buchautoren ‒ soll dem Leser Orientierung und Ausrichtung bieten.

Es handelt sich aber weder um eine vollumfängliche To-Do-Liste, noch um in jeder spezifischen Situation geltende „Naturgesetze“. Die strategischen Imperative bilden (lediglich) eine Basis und Leitplanken für ein situationsspezifisches Handeln.

Die Imperative sind eine andere Art der Zusammenfassung der wichtigsten Buchinhalte ‒ in aktivierender Form. Aufgrund der gebotenen Kürze sind sie gut verdaulich, aber natürlich nicht völlig selbsterklärlich. Hinter den kurzen Aussagen verstecken sich tiefgehende Analysen und Überlegungen, die im integrierenden Einführungsbeitrag (auf ca. 100 Seiten) und in den verschiedenen Artikeln im Buch (auf weiteren knapp 400 Seiten) dargestellt werden. 

Hier einige aus meiner Sicht besonders wichtige Botschaft

1.      Entwickeln Sie ein strukturiertes Bild des Gesamtkomplexes „Digitalisierung“, mit dem Sie sich und anderen das Thema erklären und ein gemeinsames Verständnis schaffen können!

9.      Wenn Sie eine Gefahr für die Substitution Ihres aktuellen Geschäfts sehen, hoffen Sie nicht darauf, dass es vielleicht ja doch nicht so kommen wird, sondern Kannibalisieren Sie sich selbst ‒ bevor es andere tun!

10.  Bekämpfen Sie Selbstgenügsamkeit und fordern Sie eine „gesunde Paranoia“!

11.  Treiben Sie die Geschäftsentwicklung in Richtung Vernetzung, Datafizierung und künstliche Intelligenz!

12.  Seien Sie sich aber auch bewusst, dass ein höherer Digitalisierungsgrad nicht automatisch und immer besser ist. Eine kritische, inhaltliche Reflexion ist und bleibt entscheidend!

13.  Reflektieren Sie auch kritisch Ihr eigenes Führungsverhalten!

14.  Richten Sie ihr Führungsverhalten ‒ nicht ausschließlich, aber in zunehmendem Maße ‒ auf Agilität aus, d.h. seien Sie auf kontinuierliche Anpassungen und Optimierungen vorbereitet und bereiten Sie auch Ihre Mitarbeiter darauf vor!

20.  Seien Sie sich der Ambivalenzen und Dilemmata der Führung bewusst und streben Sie nicht nach der Eierlegendenwollmilchsau!

21.  Akzeptieren Sie Spannungsfelder und Widerspruch nicht nur, sondern erzeugen Sie diese (manchmal) sogar!

22.  Agieren Sie „beidhändig“, d.h. nutzen Sie auch weiterhin bewährte Führungsansätze – wenn sie zur Situation besser passen!

23.  Verabschieden Sie sich von ausgeprägtem Hierarchie- und Statusdenken, aber verteufeln Sie Hierarchie nicht grundsätzlich, sondern erkennen Sie an, dass es diese in größeren Systemen in einem gewissen Grad zur Koordination benötigt!

24.  Nutzen Sie das Modell des „Schiebereglers“, um sich über den situationsadäquaten Führungs- und Organisationsansatz Gedanken zu machen ‒ und nicht in schwarz/weiß-Denke zu verfallen!

28.  Geben Sie Ihren Mitarbeitern einen sicheren Rahmen (Schutzfunktion der Führungskraft), in dem sie sich relativ frei bewegen dürfen!

29.  Denken Sie immer vom Kunden(bedürfnis) aus, denn wenn Sie einen ‒ Entschuldigung für die unschöne, aber einprägsame Wortwahl ‒ „Scheißprozess“ digitalisieren, dann haben Sie einen „scheiß“ digitalen Prozess!

30.  Denken Sie bei der Geschäftsoptimierung und -modellierung ganz bewusst beidhändig bzw. in unterschiedlichen Horizonten!

35.  Agieren Sie als Portfoliomanager agiler Initiativen und Versuchsballons ‒ mit Mut zum Ausprobieren, aber auch Rückgrat zum Stoppen!

38.  Richten Sie Ihre Aufmerksamkeit auf das, was ihnen wirklich wichtig ist ‒ denn worauf man seine Aufmerksamkeit (als Führungskraft) richtet, davon bekommt man mehr!

42.  Denken Sie nicht in one-size-fits-all Organisationsmodellen, sondern gestalten Sie die Prozesse und Strukturen passend zu den konkreten Aufgaben und Menschen!

49.  Halten Sie sich nicht sklavisch und „treu-doof“ an strategische Imperative, sondern hinterfragen Sie immer, ob diese auch für Ihre spezifische Situation passend sind!

50.  Es gibt nichts Gutes, außer man tut es. Also, let’s go!

Ich bin gespannt, wie diese Form der Zusammenfassung ankommt. Einerseits wird sie der Nachfrage nach kurzer und verdaulicher (wirklich?) Information gerecht, andererseits sind solche Imperative natürlich immer Verkürzungen, welche die reale, komplexe Welt nur beschränkt widerspiegeln. Von daher gilt für die Imperative das, was auch für alle Modelle gilt: „Alle strategischen Imperative (Modelle) sind falsch, aber manche sind hilfreich.“ Ich hoffe, ein paar hilfreiche Imperative geliefert zu haben …

Quelle: Petry, T. (Hrsg.): Digital Leadership – Erfolgreiches Führen in Zeiten der Digital Economy, 2. Auflage, Freiburg et al. 2019.

Leave A Reply