Mit stumpfer Klinge in den Wettbewerb um die Talente

Am Arbeitsmarkt schrillen derzeit vielerorts die Alarmglocken. Einerseits sorgen tiefgreifende Veränderungsprozesse wie die Digitalisierung, Dynamisierung und Dekarbonisierung für eine hohe Nachfrage nach Fach- und Führungskräften mit spezifischen Kompetenzen. Andererseits sorgt die – eigentlich seit langem bekannte – demographische Entwicklung für einen Mangel an entsprechenden Personen. Dementsprechend zeigen die Arbeitsmarktdaten und verschiedene aktuelle Studien, dass es einen großen und in weiten Teilen ungedeckten Bedarf nach zusätzlichen Arbeitskräften gibt. Und der beschränkt sich nicht nur auf Softwareentwickler, Spezialisten für Künstliche Intelligenz, Datenanalysten und ähnliche Berufsgruppen, sondern betrifft auch Bereiche wie Handwerker, Berufskraftfahrer und Angestellte in Hotels und Restaurants.

Ein wichtiges Werkzeug im Wettbewerb um passende Arbeitskräfte, sind auffindbare, verständliche sowie von der Gestaltung und dem Inhalt attraktive Stellenanzeigen. Diese sind keinesfalls nur als Endpunkte der Candidate-Journey zu betrachten, die Kandidatinnen und Kandidaten nach der Informationsbeschaffung auf der Karriere-Website und einer weiterführenden Stellensuche im Stellenmarkt des Unternehmens besuchen. Vielmehr sind Stellenanzeigen ein wichtiges Zielmedium, um potenzielle Kandidatinnen und Kandidaten in Jobbörsen und über gezielte Kampagnen auf verschiedenen digitalen Kanälen anzusprechen. Sie sind häufig einer der ersten Berührungspunkte mit einem Unternehmen als potenzieller Arbeitgeber. Dementsprechend ist es für Arbeitgeber wichtig, mit „scharfer Klinge“, in Form attraktiver Stellenanzeigen, in den Wettstreit um interessante Talente zu ziehen.

Um eine Einschätzung zu gewinnen, inwieweit heutige Stellenanzeigen die Anforderungen an „gute“ Stellenanzeigen erfüllen, haben wir auf den Karriere-Websites von 138 bedeutenden deutschen Arbeitgebern für vier Karrierestufen (Schüler/Auszubildende, Studierende, Berufseinsteiger/Young Professionals, Berufserfahrene/Professionals) jeweils zwei Stellenanzeigen stichprobenartig ausgewählt und über verschiedene Kriterien evaluiert.

Eine ausführliche Darstellung der Befunde findet sich in der Ausgabe 7/8 der Personalwirtschaft. Hier nur ein Blick auf die Kernbefunde:

  • In der Gesamtbetrachtung aller untersuchten Kriterien inhaltlich guter Stellenbeschreibungen erreichen die untersuchten 138 Unternehmen in den über 1.000 evaluierten Stellenanzeigen einen Erfüllungsgrad von durchschnittlich ca. 76 Prozent.
  • Besonders positiv schneiden beispielsweise Otto und die Stadt Köln ab, die jeweils über 96 Prozent erreichen. Insgesamt 35 Unternehmen erzielen einen Wert von über 85 Prozent.
  • 28 der untersuchten Unternehmen (ca. 20 Prozent) erfüllen dagegen nicht einmal zwei Drittel der untersuchten, inhaltlichen Anforderungen an eine gute Stellenanzeige.

Im Hinblick auf den letzten Punkt besteht klares Optimierungspotenzial und bei einem so zentralen sowie an Relevanz weiter zunehmenden Thema damit auch zwingend Handlungsbedarf. Denn sonst kämpfen die Unternehmen mit stumpfer Klinge im zunehmend rauer werdenden „War for Talents“.

Und dies gilt umso mehr, weil auch im Kontext der Stellenanzeigen die Entwicklungen natürlich nicht stillstehen. Ganz im Gegenteil, ein kleiner Ausblick zur zukünftigen Entwicklung und Bedeutung zeigt bereits neue Herausforderungen, die perspektivisch ebenfalls auch Einzug in die, diesem Artikel zugrundeliegende Untersuchung erhalten werden. So ist bspw. davon auszugehen, dass sich die Stellenanzeigen hinsichtlich ihrer inhaltlichen und technischen Ausgestaltung zunehmend in Richtung eigenständiger „Landing-Pages“ weiterentwickeln werden. Durch eine immer zielgruppenindividuellere Anpassung werden diese Art Stellenanzeigen schon fast im Sinne eigenständiger, kleiner Karriere-Websites sowohl unternehmens-, als auch kandidatenseitig eine erhöhte Aufmerksamkeit genießen.

Leave A Reply